SchriftGestelltes - Geistiges, Sprache & Literatur

Quelle: pixabay.com
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Lesen und Erkennen

Lesen ist nicht gleich Lesen. Dem wird jeder von uns zustimmen können, der sich schon einmal mit Hingabe einem Werk der Literatur gewidmet hat oder der das Gefühl kennt, wie ihm ein gutes Sachbuch neue Erkenntnisse vermittelt oder ein gutes religiöses, theologisches oder philosophischesBuch ihn in neue geistige Räume führt.

 

Auch wird jedem aufmerksamen Beobachter auffallen, dass sich diese Erlebnisse sehr viel schwerer, vielleicht sogar überhaupt  nicht vor einem Bildschirm einstellen. Phantasie verbindet sich eben viel einfacher mit der geistigen Welt der Wörter und Gedanken, als mit den schon vorgefertigten Bildern und Vorstellungen der Filme und Videos. Und dass sich, wenn wir zu viel Zeit mit den vorgefertigten Bildern des Bildschirms verbringen, nicht nur der Umfang unserer Vorstellungs- und Immaginationsfähigkeit, ja die gesamte Art unseres Lesens und damit unser gesamtes geistiges Reaktionsvermögen verändert. Aber Lesen ist ja nicht unser einziger Weg in die Welt unserer Vorstellungen und Gedanken. Neben den Büchern nimmt uns auch eine gute Geschichte, eine spannende Story oder einer packende Erzählung mit auf dieses Reiseerlebnis.

 

Die meisten Autoren versuchen, uns eine schöne Geschichte zu erzählen. Sie konzentrieren sich auf den Aufbau, kümmern sich um die Handlung und um ihre Sprache. Und wenn sie gut sind, dann zeigen sie uns eine stimmige Welt, in die wir eintauchen können.

 

 Darüber hinaus gibt es aber ein paar wenige wirklich lesenswerte Autoren. Sie verstehen es, uns eine gute Geschichte zu erzählen, etwas das in unserem Inneren an tiefgreifende Gedanken und echte Empfindungen rührt. Bei ihnen funkelt es beim Lesen auf. Sie zeigen uns auf den Seiten ihrer Bücher Gedanken und Ideen, Aphorismen und Weisheiten die die Lebenerfahrung schrieb. Das sind genau jene Bücher, die wir lesen sollten.

 

In einer gewissen Weise erleben wir heute eine Zeitenwende und den Umbruch einer ganzen geistigen Kultur. Durch eine wahre Flut banalisierter Bilder fallen wir in einer Zeit der Hochtechnologie zurück auf die Entwicklungssstufe

einer mündlichen Kultur. Längst können in einer digitalsierten Welt auch die allgegenwärtigen Bilder nicht mehr die Wahrheit unserer Informationen garantieren. Am Ende ist auch die allgegenwärtige Informationsfülle des Internets kein wirklicher Ausweg für unser Informationsbedürfnis. Längst sind die Nachrichten und die sie begleitenden und belegenden Bilder selbst manipulierbar und zum Mittel der Manipulation geworden. Wer dies noch bezweifelt, braucht sich nur einmal mit den ideologischen Begleit- und Manipulationserscheinungen der letzten Präsidentnwahl in den USA beschäftigen.

In den Zeiten von FakeNews und ShitStorms bleibt am Ende immer die Wahrheit auf der Strecke und wird so zur leichten allfälligen Beute eines banalisierten Zeitgeistes und seiner sich meist als unwahr und nicht als dauerhaft belastbar erweisenden Wertmaßstäbe. Aber auch selbst da, wo das geschriebene Wortnoch noch vorhanden ist, gleicht es sich auffällig dem gesprochenen Wort und der schieren Übermacht der meist digitalen Bilder an. Jeder, der einen Blog im Internet betreibt, weiß um dieses Diktat zu einer banal vereinfachten Sprache, für das uns Google dann mit einem entsprechenden Ranking belohnt. Selbstverständlich kann ich mich auch täuschen und wir erleben gerade die Geburt einer neuen digitalen Hochkultur. Aber ich persönlich glaube das nicht und befürchte vielmehr, dass wir zusammen mit einer differenzierten Lesefähigkeit auch einen Großteil unserer geistigen Kultur und unserer Werte zu verlieren drohen.

Die Älteren unter uns, die noch in einer Welt aufgewachsen sind, in der noch Bücher als Wissens- und Informationsträger und nicht Fernsehen und Internet als Komunikatoren einer Informationsflut dominierten, sehen die Unterschiede zu früher ganz deutlich. Vor allem den Unterschied zwischen der Art und Qualität des Wissens, also seiner lebensgestaltenden und daseinserklärenden Valenz und unserem Umgang damit. Bücher sind immer Werkzeuge der Kommunikation und wie alle Kommunikationsmittel beeinflussen sie, wie wir mit Wissen umgehen und was überhaupt zu denken möglich ist.

 

In einer schriftorientierten Kultur, in der das Buch das vorherrschende Medium ist, entwickelt sich zwangsläufig eine Form des geordnetem und gegliedertem Denkens. Diese Art des Umgangs mit Gedanken hat sich langsam entwickelt. Aber seit das Buch im 16. Jahrhundert seine heutige Form bekam mit seiner strengen Linearität, seiner Einteilung in Abschnitte und Kapitel und seinem alphabetisch geordneten Register, hat diese Gliederung des Wissens auch unsere

Denkweise nachhhaltig geprägt.

 

Das bedeutet, nachdem das Buch zur wichtigsten Quelle des Weltverständnis und des Menschen in ihr gworden ist, entwickelte es einen massiven Einfluss auf das Denken in unserer westeuropäischen Kultur. Das moderne Buchformat gab uns einen Strukturmaßstab für die Art und Weise, wie wir unsere eigenen Gedanken zu ordnen pflegen. Mit der Durchsetzung der Buchkultur in den abendländischen Gesellschaften fand auch der Anbruch der Neuzeit as Denken wurde nun immer stärker von Klarheit und Logik geprägt. Die Menschen begannen nicht nur über neue Dinge nachzudenken, sondern, was noch viel wichtiger war, sie begannen ihr Wissen auf eine ganz neue Art zu strukturueren.

 

Insofern führt uns das Zeitalter des Fernsehens und des Internets auch in ein neues Zeitalter des Denkens und seiner Stzrukturen.Denn das Bild - und das gilt umsomehr für das bewegte Bild - ist das blosse Abbild eines Gegenstandes und daher immer nur die konkrete Darstellung eines Einzelfalles. Dagegen ist Sprache immer eine Abstraktion aus der menschlichen Erfahrung. Das Buch geht noch einen kognitiven Schritt weiter und erschafft eine eigene symbolische Umwelt, erfüllt von abstrakten Erfahrungen. Deshalb erfordert Lesen weit mehr als eine Übersetzung des gesehenen Bildes in eine Vorstellung des vorher Gesehenen. Lesen setzt grundsätzlich eine bestimmte Art des geistigen Bewusstsein voraus. Lesen basiert auf unserer  Fähigkeit zum begrifflichem Denken, zu geistigen Regsamkeit, zu einer Begeisterungsfähigkeit für Klarheit, Folgerichtigkeit und Vernunft.

 

Deshalb können wir  auch den Rückschritt vom abstrakten Medium Buch zum neuen, in diesem Sinne konkreten Medium  Bild, in seiner unser geistiges Bewußtsein nachhhaltig prägenden Bedeutung nicht überschätzen.  Denn die neuen Medien werden die Art und Weise, wie wir unseren Geist gebrauchen, massiv und nachaltig vom Diskursiven zum Nicht-Diskursiven, von der Satzform zur Bildform, vom Intellektuellen zum Emotionalen verändern. Hierbei geht es nicht um eine rückwärtsgewandte Verteufelung der neuen Medien. Aber wir müssen uns bewusst machen, dass Wörter und Bilder unterschiedlichen Diskurssphären des menschlichen Geistes angehören. Denn schon das gesprochene Wort ist stets und vor allem eine Idee. Weit mehr noch ist es das in seiner abstraktesten Form, auf einer Buchseite wo die Möglichkeiten der menschlichen Körpersprache als  Hilfsmittel des Verstehens weitgehen entfallen.

 

Unter anderem kommt es durch diese Veränderung unserer Denkkultur zu einer neuen Definition von Intelligenz, wie es auch damals beim Übergang von einer mündlichen zu einer schriftlichen Kultur geschah. Wir glauben wir heute, dass es wichtiger ist, wie viel man weiß, als welchen Nutzen man daraus zu ziehen. Wir legen heute größeren Wert auf eine Vielzahl an Informationen und glauben alles durch mehr davon beherrschbar machen zu können. Doch in Wirklichkeit können wir durch diese Überfülle keinen zusammenhängenden Sinn mehr im Ganzen entdecken. Uns geht damit die Sinndeutung des Lebens und der Welt verloren.

 

Bisher haben wir uns aber nur mit einem Teilbereich menschlicher Erkenntnisfähigkeit, dem Verstand oder der Ratio und mit den Gegebenheiten ihrer Konditionierung beschäftigt. Aber die menschliche Erkenntnisfähigkeit ist weit mehr als nur unsere rationalen Verstandeskräfte. Denn die menschliche Erkenntnisfähigkeit umfasst vielmehr. Sie beinhaltet unsere geistliche und geistige Fähigkeit etwas wahrzunehmen und daraus Schlüsse und Konsequenzen ziehen zu können.

 

Als Menschen können wir diese unsere Erkenntnisfähigkeit kultivieren, indem wir offen und neugierig sind, Neues wissen wollen und aus bereits Erkanntem Schlüsse ziehen, die für unser gesamtes Menschsein von Bedeutung sind. Jedoch ist menschliches Erkennen nicht voraussetzungslos. Es entsteht dadurch, dass wir Menschen Neues mit bisher Gewußten in eine Relation setzen, das heißt, dass wir es in unsere Erkenntnissstrukturen und unser bisherigen Wissenbestand einordnen. Was wir nicht einordnen können, können wir damit auch nicht begreifen. Gänzlich unbekanntes können wir deshalb auch nicht erkennen. Erkenntnis entsteht dadurch, dass unser Gehirn neues Wissen verarbeitet.

 

Jedoch umfasst die menschliche Erkenntnisfähigkeit nach christlicher Auffassung nicht nur die Ratio. Ja der Verstand ist noch nicht einmal die Krone des Menschseins. Denn auch viele domestizierte Tiere sind in der Lage menschliche Anweisungen zu verstehen und auf verbale Befehle zu reagieren. Darüber hinaus können manchen Tierarten auch unsere Mimik und die dahintersteckenden menschlichen Emotionen erkennen. Und dass Maschinen heute schwerere Lasten heben und präzisere Löcher bohren können als Menschen, daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. Auch dass es Roboter gibt, die schneller als wir laufen, ist für uns heutzutage nicht mehr überraschend. Aber im Zeitalter zunehmender künstlicher Intelligenz  übertreffen uns Denkmaschinen (Computer) auch auf Gebieten, die bisher als Ausweis menschlicher Überlegenheit galten. Rationalität und Intelligenz könnten in der Zukunft mehr und mehr zu einer Domäne der unbelebten technisch gestalteten Natur werden. Möglich machen dies vor allem leistungsstarke neuronale Netze, die Deep-Learning-Systems. Sie bilden die Funktionsweise der vernetzten Nervenzellen im Gehirn nach. Diese Deep-Learning-Systems greifen auf eine unvorstellbar große Datenmenge zurück um sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Ist die Datenbasis zu klein passieren noch Fehler. Aber zu klein ist hier in der Zukunft mehr als relativ. Insofern scheint es heute fraglich, ob liebgewonnene und unhinterfragte Deutungsmuster aus dem Zeitalter der Aufklärung heute unser Menschsein noch hinreichend beschreiben können. Nach christlich-orthodoxem Verständnis werden wir jedoch nicht allein durch unsere Verstandeskräfte zum Menschen. Zum Menschen werden wir nicht dadurch, dass wir denken, sondern dadurch dass wir nach dem Bilde Gottes geschaffen und zur Gemeinschaft mit IHM bestimmt sind. Nach orthodoxem Verständnis wurde der Mensch nicht als egoistische Monade, sondern als gemeinschaftsfähige Person erschaffen. Der Mensch ist also nicht vor allem ein denkendes, sondern vor allem ein betendes und kommunizierendes Wesen.

 

 

 

 

Deshalb ist es auch wichtig, dass wir unsere Erkenntnisfähigkeit nicht allein auf unsere Verstandeskräfte, die Ratio, beschränkt wahrnehmen. Ich komme noch einmal auf das gerade beginnende Phänomen künstlicher Intellegenz zu sprechen: Ein kleines Datenvolumen ist für die immer noch den Maschinen überlegene menschliche Entscheidungskompetenz mehr als relativ. Denn das menschliche Gehirn ist mit einem Bruchteil der von einem Coputer benötigten Datenbasis in der Lage, bessere Entscheidungsergebnisse zu errreichen. In bestimmten Bereichen auch sogar dann noch, wenn überhaupt kein entscheidungsrelevanten Erfahrungswerte vorliegen. Der Mensch ist nämlich in der Lage, für seine Entscheidungen auf die menschliche Fähigkeit zur Intuition zurück zu greifen. Intuition (von lateinisch intuitio = unmittelbare Anschauung) bezeichnet die bisher nur dem Menschen eigene  Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen zu erlangen, ohne diskursiven Gebrauch von seinen Verstandeskräften machen zu müssen. Der die Ausführung begleitende Intellekt führt hier nur noch aus oder überprüft rational die Ergebnisse, die aus dem Unbewussten hervor kommen.

 

Hieran können wir deutlich sehen, dass die Ratio nicht die einzige Erkenntniskraft des menschlichen Geistes darstellt. Während die abendländische Anthropologie seit der hochmittelalterlichen Scholastik und dann wiederum verstärkt durch die Renaissance, vor allem aber durch die Aufklärung, die rationalen und seelischen Erkenntniskräfte des Menschen mehr und mehr als zwei grundsätzlich geschiedene Sphären des menschlichen Geistes aufgefasst haben, hat das orthodoxe theologische und anthropologische Denken den ganzheitlichen Ansatz der griechischen Kirchenväter bewahrt. Hier geht man von der grundsätzlichen Einheit der rationalen, seelischen und geistigen Erkenntniskräften des Menschen aus. Die Einheit der geistlichen und geistigen Erkenntniskräfte nennen die Heiligen Väter den Nous (νοῦς).

 

Die asketischen Schriften der orthodoxen Heiligen unterscheiden klar zwischen den verschiedenen menschlichen Erkenntnisfähigkeiten. Die menschliche Erkenntnisfähigkeit ist für die Heiligen Väter insgesamt eine Tugend, das heißt, sie müssen durch ein geistliches Leben entfaltet und trainiert werden. Diese Übung bezeichnen wir mit dem griechischen Wort „Askesis“ (ἄσκησις). Die Heiligen Väter unterscheiden hierbei verschiedene Formen der Erkenntnis. Die rationale Erkenntnis ist dabei nur eine erste und niedrige Stufe. Die wichtigste Stufe der menschlichen Erkenntnisfähigkeit ist jedoch nach orthodoxem Verständnis die spirituelle Erkenntnis, denn sie verwandelt unser ganzes Menschsein hin zur Heiligkeit und zur Theosis, der gnadenhaften Gemeinschaft mit Gott.

 

Nach orthodoxer Auffassung ist es die Aufgabe menschlicher Erkenntnisfähigkeit, zu „lernen“ und zu „begreifen“, was es heißt, als Christ in einer komplexen Welt zu leben. Der altchristliche Apologet Theophilus hatte mit Autolycus, der noch kein Christ war, einen Dialog  geführt. In diesem Dialog forscht Theophilus nicht danach, was wir über Gott und die Wahrheit wissen können, sondern in welcher Weise wir Gott erkennen können. Theophilos schreibt: „Gott wird von denen gesehen, die fähig sind IHN zu sehen, wenn sie die Augen ihrer Seele geöffnet haben.“ Er ermahnt seinen Leser Jesus Christus zu vertrauen: „Vertraue dich dem Arzt an ... der heilt und lebendig macht durch Sein Wort und Seine Weisheit.“ Durch diese geistlichen Weisheitsprozesss werden wir fähig in Reinheit, Heiligkeit und Rechtschaffenheit zu leben. Nach orthodoxer Auffassung geht es bei der menschlichen Erkenntnisfähigkeit des Menschen weniger um philosophische oder rationale Weltdeutung, sondern um eine lebensverändernde ganzheitliche spirituelle Erkenntnis. Sie soll jedem Menschen die Fähigkeit verleihen, von einem festen Fundament im christlich-orthodoxen Glauben aus, das heißt, mit dem Wissen über die menschliche Natur und die Eigenart des christlichen Lebens zwischen Wahrheit und Unwahrheit zu unterscheiden und so den Weg zur Gemeinschaft mit Gott zu finden.

 

Nach orthodoxem Verständnis ist und bleibt das Ziel des gesamten menschlichen Lebens der Erwerb der Heiligkeit. Für orthodoxe Christen ist der Gebrauch der menschlichen Erkenntnisfähigkeit also nicht Selbstzweck, sondern ein Mittel zur eigenen geistlichen Vervollkommnung und dadurch zur Heiligung der Welt.

 

Die menschliche Erkenntnisfähigkeit soll sich auf den Erwerb von geistlicher Weisheit und wirklichem Verstehen richten. Nach der Lehre der Heiligen Väter ist der Mensch selbst ein „Mikrokosmos“ (μικρόκοσμος), das heißt, er hat Anteil sowohl an der geistigen, als auch an der materiellen Welt. Mit seiner Seele und seinem Geist (nous = seinen geistigen und geistlichen Erkenntniskräften) hat der Mensch Anteil an der geistigen Welt der heiligen Engel und den bereits im Himmel vollendeten Heiligen, aber auch einer Sphäre, wo der Diabolos  und seiner widergöttlichen dämonischen Kräfte auf den Menschen und seine Erkenntnisfähigkeit einzuwirken versuchen. Mit seinem physischen Körper hat er jedoch zugleich Anteil an der belebten wie der unbelebten Natur der sichtbaren Welt.

 

Deshalb ist dem Menschen und seiner gottgegebenen Erkenntnisfähigkeit auch die ganze sichtbare Schöpfung als Wirkungsbereich seiner Existenz aufgegeben. Mit geistiger und geistlicher Erkenntnisfähigkeit begabt, soll der Mensch als Treuhänder und Verwalter der materiellen Welt diese im Sinne Gottes gestalten und damit heiligen. Insofern ist sowohl die geistige und geistliche Welt, als auch die geschaffene Natur mit ihren Geheimnissen und Gesetzmäßigkeiten Erkenntnisziel der menschlichen Fähigkeiten. Der gesamte Kosmos, allso die Fülle allen Seins, ist das Erkenntnisziel des Menschen.

 

Nach christlichem Schöpfungsverständnis offenbart der Kosmos den Gestaltungswillen Gottes und die Bestimmung alles Geschaffenen. Insofern dürfen wir den menschlichen Verstand und seine Erkenntnisfähigkeiten nicht negativ bewerten. Doch wie alles im menschlichen Leben bedarf der Gebrauch der Ratio eine Einordnung in das größere Ganzes. Die Erkenntnisfähigkeit des Menschen ist also nicht absolut, sondern steht wiederum in kausaler Abhängigkeit zum Offenbarungswillen Gottes. Vergessen wir nicht, dass der Sündenfall des Menschen damit begann, dass er der Lüge der Schlange glaubte: Ihr werdet sein wie Gott (vgl. Genesis 3:1-4). Nur Gottes Erkenntnisfähigkeit und Weisheit ist absolut und allumfassend. Alles menschliches Forschen und Erkennen ist und bleibt immer Stückwerk (vgl. 1. Korinther 13:9). Kosmos und Welt enthüllen uns ihre Mysterien und Geheimnisse nur in dem Maße, wie sie uns Gott offenbaren will.

 

Thomas Zmija v. Gojan